Anorganische Binder für den Eisenguss
Ein Balanceakt zwischen Möglichkeiten und Limitierungen
Ralf Böhm
Hüttenes-Albertus Chemische Werke GmbH
Die gesamte Industrie steht vor bedeutenden umwelttechnischen Herausforderungen, die sich aus den heutigen Anforderungen an Nachhaltigkeit und Umweltschutz ergeben.
Angesichts strengerer Umweltauflagen und der gesellschaftlichen Erwartungshaltung ist es daher auch für Unternehmen der Gießereiindustrie entscheidend, nachhaltige aber auch wirtschaftlich realisierbare Produktionsmethoden zu entwickeln, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben.
In diesem Kontext kann die Verwendung neuer anorganischer Bindemittel in der Gießerei einen wichtigen Beitrag leisten. Diese sind bereits seit über einem Jahrzehnt in weiten Teilen der Alumi-niumkokillenguss Anwendungen etabliert und dort nicht mehr wegzudenken.
Diese Erfolge fanden viel Anklang und bildeten für HA bereits 2015 die Grundlage, den Einsatz anorganischer Bindemittel auf Anwendungen im Eisenguss auszubauen, um den Unternehmen auch hier Möglichkeiten zu bieten ihren ökologischen Fußabdruck weiter zu verringern.
Durch kontinuierliche Forschung wurden in den letzten Jahren bereits signifikante Fortschritte bei der Fertigung anorganischer Kerne für die Herstellung von Bremsscheiben erzielt.
Übertragene Bedenken gegenüber anorganischen Bindemitteln und deren Einsatz im Bereich Ei-senguss, wie etwa die schlechte Lagerstabilität der Kerne, ein geringes Festigkeitsniveau, die Un-verträglichkeit gegenüber Wasserschlichten sowie Grünsand, konnten in einem Kooperationspro-jekt mit einem namhaften Bremsscheibenhersteller entkräftet und bis zur Serienreife geführt wer-den.
Bei allen Erfolgen zeigte dieses Projekt aber auch, dass die Ausweitung der Anwendung auf Kerne, die beispielsweise im Motorenguss Verwendung finden, weitere spezifische Herausforderungen bereithält.
Diese sind insbesondere durch verlängerte Härtezeiten bei massiven Kernen im Vergleich zu orga-nischen Bindemitteln, höhere thermische sowie mechanische Beanspruchungen im Vergleich zum Aluminiumguss und daraus resultierende Änderungen im Entkernverhalten sowie Deformationsnei-gung geprägt.
Aus diesen Erkenntnissen heraus ergaben sich in der Folge weitere Forschungs- und Entwick-lungsarbeiten, um diese Herausforderungen zu meistern und die Vorteile anorganischer Bindemittel weiter auszuschöpfen.
Der vorliegende Beitrag diskutiert die Resultate aktueller Entwicklungsprojekte, die sich mit den oben genannten Herausforderungen auseinandersetzen. Hierbei werden Erkenntnisse zu Material-verhalten, Prozessoptimierung und potenziellen Lösungen vorgestellt, die die Grundlage für zukünf-tige Innovationen in der Gießereiindustrie bilden könnten.