Sand-Megacasting: Potential von Sandguss in der Karosserie-Innovation

Rudolf Wintgens
Laempe Mössner Sinto GmbH

Die beiden Gießereizuliefererunternehmen Hüttenes-Albertus Chemische Werke GmbH und Laempe Mössner Sinto GmbH haben in einem Projekt die Einsatzmöglichkeiten von großflächigen Sandgussformen für die Herstellung von Karosserie geprüft und in einer Konzeptstudie die Machbarkeit validiert.
Derzeit setzen erste Automobilhersteller insbesondere für Elektrofahrzeug großflächige Strukturbauteile für Chassis- und Karosseriekomponenten ein; weitere Hersteller prüfen den Einsatz.
Schon in den 1990er Jahren wurden erste Strukturteile wie Federbeindome, Träger, Heckklappen, Türen und Gussknoten als Gussteile eingesetzt aufgrund der hohen Integrationsfähigkeit von vielen Funktion in ein einzelnes Gussteil. Diese Gussteile können oft eine Vielzahl von Einzelteilen ersetzen und reduzieren so den Logistik- und Montageaufwand erheblich. Diese positiven Eigenschaften haben die Entwicklung von Großsegmentgussteilen initiiert.

Diese sogenannten Mega- oder Gigacasting-Teile werden meist im Druckgussverfahren hergestellt. Die vergleichsweise große Fläche der Gussteile erfordert korrespondierend große Druckgusskokillen und Gießmaschine mit sehr hohen Schließkräften, was zu erheblichen Investitionskosten für die Maschinen- und Anlagentechnik, die Werkzeugkosten und die korrespondierenden Gewerke wie z. B. die Formenwartung führt. Da die Investitionen zu einem erheblichen Anteil typspezifisch sind, sind derartige Fabrikationsanlage nur mit einer hohen Stückzahl je Typ wirtschaftlich.
Verfahrensbedingt sind Hohlstrukturen und komplexe Hinterschneidung bei Dauerformverfahren nicht abbildbar, auch Schweißen ist nur bedingt möglich. Dabei wären diese Eigenschaften dem Funktionsintegrations- und Leichtbaugedanken aus der konstruktiven Sicht wünschenswert.
Auf diese verfahrensspezifischen Nachteile bietet das Gemeinschaftsprojekt der Projektpartner interessante Antworten. Durch den Einsatz großflächiger verlorener Sandformen in Verbindung Teilkokillen und einer Formfüllung nach dem Niederdruckgießverfahren ist die Gestaltungsfreiheit (fast) grenzenlos. Das Investitionsvolumen in die Anlagentechnik aus Kernschießmaschinen und Niederdruckgießerei ist deutlich niedriger als eine integrierte Druckgusszelle mit identischer Ausbringung. Im Gesamtkostenvergleich ergibt sich von einem unabhängigen Kostenrechnungsspezialist bestätigt ein ähnliches kommerzielles Ergebnis.

Durch geringere Werkzeugkosten sind auch kleinere Serien mit höheren Typenvielfalt wirtschaftlich darstellbar.

Bei geschickter Nutzung der Gestaltungsfreiheit durch Sandkerne ergeben sich Konstruktionsoption, die bei der Fahrzeugmontage und vor allem in der späteren Anwendung eine weitere Gewichtseinsparung und damit eine verbesserte Ökobilanz liefern können.
Eine weitere Ausbaustufe des Verfahrens ist der Einsatz gedruckter Formen - die Komplexität ist noch weniger begrenzt
Anders als beim Druckgussverfahren ist auch die mögliche Werkstoffpalette bis hin zu Eisen- und Stahlguss möglich und erweitert die Verwendungsmöglichkeit damit auch z. B. für den Nutzfahrzeugbereich.
Die technische Machbarkeit wurde im Projektverlauf durch die Fertigung eines Demonstrators in Form eines Hinterwagenmoduls mit 3D-gedruckten Formhälften bewiesen.