Optimierte Kernfertigung mit Prozesssimulation – Ziele und Anforderungen zur Nutzung von KI-Ansätzen
Dr.-Ing. Ingo Wagner
MAGMA Gießereitechnologie GmbH
Die Analyse und Bewertung der Kernfertigung durch Prozesssimulation hat sich in den letzten Jahren etabliert und ist anerkannter Stand der Technik. Ein Fokus bei der Nutzung ist typischerweise die Unterstützung der Werkzeugauslegung zur technischen Absicherung der Kernqualität. Die Erprobung von Prozessparametern und die Vorhersage der Kernqualität schließen alle relevanten Prozessschritte ein. Die Optimierung von Prozessbedingungen bei der Kernherstellung wird durch die Simulation von Kernschießen und Aushärten konsequent unterstützt. In Verbindung mit statistischen Methoden zur Versuchsplanung erfolgen die Berechnung und die Auswertung einer Vielzahl von Parametervarianten automatisiert [1-4]. Mit den Daten können idealerweise Algorithmen für maschinelles Lernen oder KI trainiert werden. Mit dem erzeugten Wissen und der virtuellen Optimierung können robuste Werkzeugdesigns und Fertigungsfenster bereits vor der Produktion ausgelegt werden. Wesentliche qualitäts- und kostenbestimmende Einflussgrößen können bereits im Planungsstadium von Werkzeug und Prozess durch quantitative Informationen abgesichert werden.
Eine zusätzlich verfügbare Berechnungsmethodik ist die virtuelle Abbildung des Gesamtprozesses Maschine – Werkzeug – Kernsand, wobei spezifische Wechselwirkungen zwischen den einzelnen „Komponenten“ berücksichtigt werden [4, 5]. Die zugrundeliegenden Modelle bilden den Gesamtprozess als digitalen Zwilling ab. Der Prozess wird in vereinfachter Form modelliert, so dass die Berechnung der Kenngrößen eines Produktionszyklus in wenigen Millisekunden erfolgt. Ein großes Parameterfeld kann in kurzer Zeit berechnet und ausgewertet werden. Damit können große Datenmengen generiert, mit statistischen Methoden analysiert und insbesondere zum Lernen verwendet werden. Aufgrund der deterministischen Modellierung weisen die Ergebnisse keine auffälligen, bzw. zufällige Streuungen auf, wie sie in der realen Fertigung festgestellt werden.
Die Prozesskette Kernherstellung hat viele qualitätsrelevante Einflussgrößen wie z. B. Formgrundstoff, Binder, Geometrie des Kerns, Werkzeuggestaltung und -zustand, Prozessgrößen und Maschinenbedingungen, die messtechnisch nicht direkt zugänglich, bzw. nicht regelbar sind. Typischerweise sind für die meisten Einflussgrößen keine validierten Gesetzmäßigkeiten bekannt, um deren Einfluss auf die Kernqualität, bzw. die Wiederholbarkeit quantifizieren zu können.
In der realen Welt sind beliebig viele Messungen erforderlich, um statistisch basierte Modelle zu trainieren, die dann eine Vorhersagewahrscheinlichkeit für die Kernqualität in der Serienproduktion erlauben oder die Prozesssteuerung unterstützen können. Ansätze zur Verwendung von maschinellem Lernen und Ergebnissen zur Bewertung von Kernsandeigenschaften und von Maschineneinstellungen auf die Kernqualität wurden bereits vorgestellt [6]. Algorithmen für maschinelles Lernen sind dazu geeignet, Korrelationen zwischen vorhergesagten und gemessenen Daten zu bestimmen. Dazu erforderlich ist ein größerer Umfang von Messdaten, um geeignete Modelle auswählen und diese trainieren zu können. Die Vorhersagegenauigkeit ist abhängig von der Wiederholbarkeit der Messungen und dem Kopplungsgrad der miteinander zu verknüpfenden Parameter.
Aus Sicht der Simulation ist zu diskutieren, welche weiterführenden Ziele mit Unterstützung von KI-Ansätzen verfolgt werden können. Zu bewerten sind die Anforderungen an datenbasierte KI-Algorithmen, mit denen selbstlernende Systeme aufgebaut werden können. Ein wesentliches Ziel ist die Verknüpfung der virtuellen mit der realen Welt, Bild 1. Die simulationsspezifische deterministische Modellierung wird z. B. um eine probabilistische Komponente ergänzt, die die Streubreite der realen Messergebnisse aufgrund von zu bewertenden Prozessungenauigkeiten entlang der Prozesskette mit ihren vielfältigen Einflussgrößen widerspiegelt.